Die Herausforderungen unserer vernetzten Wissensgesellschaft und der schnelle technologische Fortschritt nötigen die meisten Bereiche, sich von Grund auf neu zu erfinden und zu definieren. Demzufolge werden Sinngebung, Vision, Strategie und die Umsetzung neu durchdacht. Was sind die Voraussetzungen, dass Change und Transformation gelingen kann? Mit Theorie U können neue Denk- und Handlungsweisen erarbeitet werden.
Theorie U ist eine Kombination von praktischen Erfahrungen und wissenschaftlicher Forschungsarbeit. Sie wurde als U-Prozess von Otto Scharmer, Professor für Wirtschaftswissenschaften am MIT (Massachusetts Institute of Technology), entwickelt.
Ausgangspunkt ist die Fragestellung wie Change oder Transformation gelingen kann.
Von der Zukunft her führen
In der Theorie U wird das Lernen aus der Erfahrung mit der Dimension der Zukunft ergänzt. Es geht darum, das eigene Gespür für die entstehende Zukunft zu entwickeln, um daraus die Lernmöglichkeit im Hier und Jetzt zu erkunden. Das klingt esoterisch. Die Idee, die sich dahinter verbirgt klingt wieder logisch: Wer die Zukunft gestalten will, muss sie erkennen. Und dazu wird ein neues Lernverhalten benötigt.
Der Umgang mit der heutigen Komplexität lässt sich nicht mit bisherigen Handlungsmustern langfristig lösen. Die Erfahrung, die in der Vergangenheit gemacht wurde kann nicht ausreichend für das jetzige Hochgeschwindigkeitsproblemfeld vollumfänglich verwendet werden.
Berufsrelevantes Wissen veraltet immer schneller und die etablierten Handlungsroutinen in Organisationen veralten ebenfalls immer schneller. Um Probleme von Heute und Morgen zu lösen sind neue Vorgehen nötig.
Kern der Theorie U ist das sogenannte Presencing. Das Neue, das im Hier und Jetzt entsteht, bezeichnet Scharmer als Presencing (Presence + sensing)
Die Wortschöpfung besteht aus Presence: Anwesenheit und Sensing: spüren.
Es geht darum, dass das Gewordene und das Werdende miteinander in einen Dialog treten. Mit unterschiedlichen methodischen Vorgehensweisen entsteht ein Bezug zur bestmöglichen Zukunft. Mit Theorie U wird den Beteiligten von komplexen Veränderungsprojekten eine tiefere Beziehungsebene ermöglicht. Transformation und Change wird durch die Art und Weise der Zusammenarbeit entschieden.
Der gesamte Prozessverlauf lässt sich wie ein U darstellen und wird hier stark verkürzt vorgestellt. Folgende Schritte kennzeichnen dieses Weg:
Innehalten, loslassen, kommenlassen, in die Welt bringen und verkörpern.
Die Bewegung durch den U-Prozess für Transformationen und Change
Auf der linken Seite wird das Alte, Bisherige bewusst angeschaut. Insbesondere das Zuhören auf 4 Ebenen und der generative Dialog unterstützen den Prozess methodisch, um zu einer umfangreichen Bewusstheit des Bisherigen zu erlangen. Denkweisen und Haltungen werden offen gelegt. Bekannte Probleme werden sichtbar gemacht.
Das Wahrnehmungssensorium des Einzelnen verfeinert sich durch die Perspektiven der anderen Beteiligten. Hierdurch entsteht ein Verständnis für die Sichtweisen und ein tieferes Gemeinschaftsfühl und Verbundenheit der Beteiligten.
Am tiefsten Punkt des U-Prozesses wird der Zugang zum inneren individuellen Wissen geöffnet und dem Neuen kann Raum gegeben werden. Hier wird die Aufmerksamkeit auf neue Sicht- und Handlungsweisen umgelenkt und die kollektive Intelligenz genutzt. Presencing ist ein Ort der Kreativität und der Spannung. An diesem Punkt kann das Bisherige und das der bestmöglichen Zukunft wahrgenommen werden.
Auf der aufsteigenden Seite des U wird das neue Entstehende konkret. Für die komplexen Themenfelder werden Lösungen sichtbar, die von den Beteiligten gemeinsam und verantwortungsbereit getragen werden. Sie treten einem gemeinsamen Entwicklungsraum der Zukunft bei. Die Energie wird auf das Entstehende gerichtet. Es kann ausprobiert und umgesetzt werden. Der Weg des Umdenkens und des neuen Handelns ist aktiviert.
Der gesamte Prozess ist auf ein gemeinsames und neues Lernverhalten ausgerichtet.
Lernen auf 3 Ebenen
In der Theorie U geschieht der Aktivierungsvorgang des Lernens auf 3 Ebenen:
- Beobachten: öffne und verbinde dich mit dem, was draussen vor sich geht
- Lass das persönliche innere Wissen an die Oberfläche kommen: öffne und verbinde dich mit dem, was von innen heraus entsteht.
- Bring neue Ideen durch Prototypen in die Umsetzung. Einfach und schnell. So dass Bauchgefühl, Intuition und Praktikabilität verbunden werden.
Arbeiten und Lernen werden künftig mehr ineinanderfliessen.